Landesjamboree 2007 – Die Welt ein bisschen besser machen

Erschienen am 8. August 2007 in Neuigkeiten

Jakob

 

100 Jahre Pfadfinderbewegung wurde im Zeltlager bei Bruchsal gefeiert – Auch Nürtinger Pfadfinder dabei

(pm) 6500 Pfadfinder haben auf dem Eichelberg bei Bruchsal dem Anfang der Jugendbewegung vor 100 Jahren gedacht. Bei Sonnenaufgang am 1. August erneuerten sie ihr Versprechen. Auch Nürtinger Pfadfinder waren beim Landesjamboree 2007 Baden-Württemberg dabei.

Waschbär, Biber, Maulwurf, Igel und Wolf heißen einige der Ortsteile, die zehn Tage lang die Zeltstadt bei Bruchsal bilden. Ihre 6500 Bewohner kommen aus ganz Baden-Württemberg, aus Europa und Nordafrika. Und alle haben eines gemeinsam: Sie sind Pfadfinder. Vor zweieinhalb Jahren begannen die Vorbereitungen für das Großlager. 200 Pfadfinder haben es ehrenamtlich organisiert; vor Ort sind es rund 150 Helfende mehr.

Wer das Gelände und die Logistik erlebt, ahnt, welcher Aufwand dahintersteckt. 45 Hektar groß ist die Stadt mit ihren gut 2000 Zelten. Dazwischen etliche phantasievolle Bauten aus Holzpfählen, Dachlatten und Schwartenbrettern. Das Gelände ist bestückt mit einem Supermarkt, einem Bürgerbüro, einem Arbeitsamt für arbeitslose Helfer, einem Pressezentrum, das die tägliche Lagerzeitung produziert, einer Werkstatt für stumpfe Beile und zerrissene Zeltplanen, mit Dixi-Klos, Duschen und Waschplätzen. Es gibt eine Kirche, Cafés sowie Sport- und Versammlungsplätze für die über 200 Pfadfinderstämme.

Die Nürtinger Pfadfinder sind Teil des Bezirks Neckar-Fildern, zu dem auch die Stämme aus Esslingen, Plochingen, Wernau und Neuhausen gehören. 170 Pfadfinder (und Pfadfinderinnen) sind aus diesem Bezirk nach Bruchsal gekommen. Wir beginnen und beenden jeden Tag mit einem großen Kreis, erklärt Johannes Hahn, dort allerdings nur unter Jojo bekannt. Er ist 23 Jahre jung und als Bezirksvorstand sozusagen der Chef. Mit sechs Jahren kam er zu den Pfadfindern und ist seither mit Elan dabei. Besonders schätzt er, dass man mit Pfadfindern wo immer man sich auf der Welt befindet oft auf der gleichen Wellenlänge liegt.

Die Vor- und Nachmittage verbringen die Kinder und Jugendlichen in ihren Altersstufen oder stufenübergreifend mit Geländespielen, Workshops und unterschiedlichen Projekten. So schwärmten am Tag der guten Taten 1200 Pfadfinder nach Bruchsal aus und jäteten Unkraut auf der Dachterrasse eines Altenzentrums, verpassten den Spielgeräten von Kindergärten einen neuen Anstrich oder sammelten ausgediente Handys für einen wohltätigen Zweck. Damit versuchen wir die Welt ein bisschen besser zurückzulassen, als wir sie vorgefunden haben, erklärt die 13-jährige Mirjam einen der wichtigsten Grundsätze der Pfadfinder. Außerdem lernt man bei den Aktionen viele nette Leute kennen. Und das Handy, der MP3-Player und der Computer, fehlen die nicht? Wir machen hier ganz coole Sachen und unsere Leiter sind spitze, darin ist sich eine Gruppe Pfadis, also Jugendliche zwischen 13 und 16, einig: Das andere haben wir auch zu Hause.

Hilfsbereitschaft und Naturverbundenheit das war bereits die Idee des allerersten Pfadfinderlagers: Im Sommer 1907 lud der englische Offizier Robert Baden-Powell 22 Jungen auf die Insel Brownsea ein. Kurz darauf veröffentlichte er ein Buch über sein Erziehungskonzept. Die Bewegung der Boy Scouts war geboren und breitete sich rasch aus. Bereits 1909 erreichte sie Deutschland. Heute sind die Pfadfinder mit ihren 38 Millionen Mitgliedern die größte Jugendbewegung der Welt. Nur in sechs Ländern gibt es keine Gruppen: in China, Nordkorea, Kuba, Burma, Andorra und Laos. In Deutschland gibt es inzwischen knapp 200000 Pfadfinder. Die Landes- und Diözesanverbände des Bundes der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP), der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) und der Pfadfinderinnenschaft St. Georg (PSG) in Baden-Württemberg haben das Großlager veranstaltet. Ihnen gehören in Baden-Württemberg 15000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene an.

In den frühen Stunden des 1. August: Es ist noch dunkel und eiskalt, als die Wecktrupps kurz nach vier mit Trommeln durch die Zeltstadt ziehen. Alle haben auf diesen Morgen gewartet. Unter dem Motto Eine Welt ein Versprechen wollen sie mit Gleichgesinnten auf der ganzen Welt bei Sonnenaufgang ihr Pfadfinder-Versprechen erneuern. Der Mond leuchtet den Weg zum Platz, den Rest besorgen die Fackeln, die die Gruppen mitbringen. Viele tragen ihre Kluften. Manche haben Schlafsäcke dabei und natürlich die Fahnen ihrer Stämme. Dort hinterm Wald geht grad die Sonne auf, dieses Lagerlied stimmt ein auf das Versprechen, das Lord Baden-Powell schon seinen Jungs abnahm: Auf meine Ehre verspreche ich, mein Bestes zu tun, um meine Pflichten gegenüber Gott und meinem Land zu erfüllen, anderen Menschen jederzeit zu helfen und das Pfadfindergesetz zu befolgen. Danach ersetzen 6500 Muffins den Geburtstagskuchen. Mittlerweile ist auch die Sonne aufgegangen.

Aus: NTZ vom 08.08.2007
 

 

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